Toubab

Erholung am Strand, Bumsters und die tragische Seite des Tourismus in Gambia

Wir geniessen die Küste von Gambia. Am Meer finden wir einen Platz, wo wir ungestört in der Sonne liegen können. Natürlich streifen auch hier die Bumsters dem Strand entlang, aber mit der Zeit kennen sie uns und wissen, dass wir zu einer anderen Sorte Touristen gehören. Zum Baden lassen wir aber trotzdem Vorsicht walten. Sämi verpackt den Autoschlüssel in einen Plastiksack und vergräbt ihn unauffällig im Sand. Nach dem Baden suchen wir dann fast eine halbe Stunde den Schlüssel…

Die «Ferien» in Gambia sind doch etwas speziell: Wir erleben nun auch noch die Billigtourismusseite von Afrika. Die Küste von Gambia ist eine beliebte Feriendestination der Engländer. Einerseits sind das Leute, die für wenig Geld die Wärme, das Meer und die Palmen suchen und andererseits sind das die Sextouristen, mehrheitlich Frauen, die sich ein Abenteuer oder ganz einfach etwas Nähe zu einem Mann suchen. Wir sind erstaunt, wie offensichtlich das Ganze Geschäft abläuft. Da sind die alleinreisenden Frauen, die einen Mann nach ihren Vorstellungen vermittelt kriegen. Später sieht man sie händchenhaltend dem Strand entlang spazieren, sie alt, dick und hässlich, er jung, muskulös und arm…

Die Ferienressorts sind von vielen Sicherheitskräften bewacht, so dass die Touristen sicher vor der Bevölkerung abgeschottet werden. Ausserhalb dieser Sicherheitszone ist das Afrika, welches wir kennen und schätzen. Da finden wir auch den Franzosen, der seit einigen Jahren einen Reptilienpark betreibt, mit dem Ziel, der Bevölkerung zu zeigen, welche Schlangen in ihrem Land vorkommen und unter welchen Umständen diese angreifen oder eben nicht (die Schwarzen haben eine tödliche Angst vor Schlangen, wie wir uns sagen liessen, sterben die meisten nach einem Schlangenbiss aus Angst und nicht wegen dem Gift!). Auch wir müssen/dürfen eine Python halten. Während wir eher mit ungutem Gefühl diese vielleicht 8 kg schwere Schlange halten, beobachtet der Franzose leicht belustigt die Szene…

Gambia ist auch bekannt für die vielen Vögel. In einem Naturpark lassen sich die Vögel besonders gut beobachten. Hier gibt es auch Hyänen, Affen und Löwen. Wir sind vor allem ab der ursprünglichen Natur beeindruckt. Wenn man bedenkt, dass das Gebiet vor 100 Jahren überall so aussah, kann man sich kaum vorstellen, unter welchen Umständen die Entdecker durch Afrika gereist sind. Die vielen Ornithologen, welche sich meist ihre schwere Ausrüstung durch heimische Führer schleppen lassen, erinnern ein bisschen an die Kolonialzeit.

In der Nähe befindet sich auf noch ein Tümpel mit heiligen Krokodilen, die wir uns nicht entgehen lassen wollen. Die Krokodile sind gut genährt und liegen überall herum. Wir sind der Meinung, dass die Hühner, die zwischen den Krokodilen nach Futter picken, eher ins Beuteschema passen und bewegen uns gelassen durch die Anlage, die wirklich schön angelegt ist. Wenn dann die Kanalisation noch umgeleitet oder gedeckt wird, kommen dann vielleicht auch mehr Besucher…

Über den Gambia zu kommen ist eigentlich nicht schwer, aber…

Schliesslich verlassen wir am 27. November vor Sonnenaufgang den Camping in der Nähe von Banjul, um auf die erste Fähre über den Gambia zu kommen. Wir haben uns sagen lassen, dass am Hafen ein Chaos herrschen würde und man neben Zeit auch gut gelagerte Nerven mitbringen solle. Daher entschliessen wir uns, lange vor der ersten Fähre da zu sein, um sicher einen Platz zu kriegen. Und tatsächlich, wie wir am Hafen ankommen, finden wir nur mit Mühe die Verkaufsstelle der Tickets. Das Ticket müssen wir in Fremdwährung bezahlen, nur Bürger von Gambia dürfen in Dalasis bezahlen (und sie bezahlen natürlich einen Bruchteil von dem was wir liegen lassen!). Obwohl wir uns genau informiert haben, was wir wo finden, sind wir froh, dass wir endlich in den Warteraum fahren können, die erste Fähre haben wir natürlich verpasst. Doch die Warterei lohnt sich, wir geniessen das Leben im Hafen: Da wird gewaschen, gebetet, verkauft, gekauft, getratscht, gekocht, ... Irgendwann kommt einer und kontrolliert unser Ticket. Er meint, dass unser Ticket nur für das Auto und den Fahrer gültig sei, nicht aber für die zweite Person. Für umgerechnet 20 Eurocent besorgt er uns dann das nötige Ticket (das andere hat umgerechnet Euro 10.- gekostet).

Die Fähre kommt und wird entladen. Dieser eigentlich einfache Prozess wird auf unglaublich umständliche Art erledigt. So dauert es dann auch einige Zeit, bis wir hineinfahren können, natürlich wird gleichzeitig immer noch ausgeladen. Wir sind froh, dass wir als erste hineinfahren können, so können wir auch als erste wieder hinaus. Die Fähre wird dann so richtig voll geladen. Nachdem die Ladefläche mit Autos gefüllt ist, zwängen sich noch so viele Menschen mit ihrem Gepäck dazwischen, dass es im Notfall nicht mehr möglich wäre, die Türe zu öffnen. Wenn das Schiff nur nicht überladen ist!

Nach einer halbstündigen Überfahrt wird die Rampe heruntergelassen und die Menschenmasse setzt sich in Bewegung. Irgendwann pfeift uns ein Angestellter und wir fahren langsam los, hoffen dabei niemanden zu überrollen, und irgendwie schaffen wir es, den Weg durch das Gewühl zu finden. Eine eifrige Angestellte hält uns dann wieder auf und will unsere Tickets sehen. Sie will wissen, wie viel wir bezahlt hätten. Sämi zeigt ihr den aufgedruckten Preis. Wütend sagt sie uns, dass wir in der falschen Währung bezahlt hätten, wir hätten in Euro bezahlen müssen. Nun, uns stört das nicht im Geringsten, wir sind die Vordersten einer langen, hupenden Kolonne, die den Hafen verlassen will. Wir warten geduldig auf ihren Vorschlag, was nun zu tun sei. Hinter uns wird das Hupkonzert immer lauter, so dass sie dann doch findet, dass die Währung nicht so wichtig sei.

Eine Stunde später sind wir im Senegal eingereist und freuen uns, dass wir wieder Französisch sprechen können, nach fast 2 Monaten im frankophonen Gebiet fällt uns diese Sprache leichter.

In Dakar kriegen wir Verstärkung, üben uns in Geduld und zahlen eine Busse

Am 28. November beziehen wir unser Quartier im Keur Diame im Vorort Yoff von Dakar und holen am Abend David, Sämis Bruder, am Flughafen ab. Das Wiedersehen ist eine freudige Angelegenheit. Nach einem Drink im Keur Diame gehen wir dann früh schlafen, wir haben Arbeit vor uns. David und seine Freundin Isabel werden mit uns die Heimreise antreten, sie beide auf ihren KTM’s, wir im Landy.

Wir haben jetzt drei Tage Zeit, die mit dem Schiff geschickten Motorräder aus dem Hafen abzuholen, dann kommt Isabel und wir wollen los. Eigentlich ist das eine einfache Routineangelegenheit, nicht so in Afrika! Obwohl David alle Gebühren für die Frachtkosten, Entladen, Verzollen und Auspacken in der Schweiz bezahlt hat, will die gute Frau Diop von der Speditionsfirma in Dakar auch noch ihren Teil dazu verdienen. Kompliziert und verworren erzählt sie uns irgendwelche Geschichten über irgendwelche Kosten, die noch anfallen würden. Ausserdem würde es, wenn die Papiere mit den Motorrädern übereinstimmten, nur noch drei Tage gehen, bis der Zöllner dann Zeit hätte, etc.

Schlussendlich sitzen wir zwei ganze Tage in der Speditionsfirma und überwachen das Vorankommen. Die Bestätigung aus der Schweiz, dass alle Kosten gedeckt sind, will einfach nicht eintreffen (bzw. verschwindet beim Eintreffen sofort wieder!), so steht dann David neben das Faxgerät und siehe da, der Fax kommt auf einmal doch! Nun sitzen wir noch einen Tag lang am Hafen und warten auf eine Unterschrift. Leider ist der zuständige Zollbeamte nicht auffindbar. Als die Unterschrift am späten Nachmittag dann endlich da ist, müssen wir auf einmal Vollgas geben. Es ist schon interessant, wie viel Zeit die Leute hier haben, wenn sie etwas machen müssen und wie wenig sie haben, wenn wir etwas machen müssen! Warum die plötzliche Eile? Der Spediteur hat noch eine LKW-Ladung Zwiebeln im Transit. Die will er mit unseren Motorrädern zusammen durch den Zoll nehmen. So setzt David im Eiltempo die KTM’s zusammen. Die Leute der Spedition schauen interessiert zu, lesen unauffällige alle Schrauben der Verpackungskiste zusammen und stecken die ein. Hilfe wollen oder können sie aber nicht leisten, da grenzen sie sich dann gekonnt ab. Wie David dann seine KTM mit dem deftigen Sportauspuff ankickt, sehen wir nur noch weisse Zähne in den schwarzen, grinsenden Gesichtern. So bringen wir die Motorräder ins Keur Diam, jetzt kann Isabel kommen.

Am 1. Dezember holen wir Isabel vom Flughafen ab. Gemeinsam verbringen wir noch einen Tag in Dakar und besichtigen die Stadt und den Markt. Die touristischen Strassen sind mit lästigen Händlern besetzt, die einem echte senegalesische Kunstgegenstände made in China andrehen wollen. Abseits der Touristenmeilen geht es deutlich entspannter zu und her.

Wir tätigen noch einen Grosseinkauf und füllen unsere Vorräte auf. Dabei fahren wir über eine Kreuzung, auf der ein Polizist steht und den Verkehr regelt. Er winkt unsere Kolonne durch. Auf der anderen Seite der Kreuzung winkt uns sein Kollege heraus (alle vor und nach uns nicht) und meint, wir wären bei Rot über die Kreuzung gefahren, ob wir denn die Verkehrsregeln nicht kennen würden. Dann kam die übliche Diskussion mit der Aufforderung aufs Präsidium zu kommen und eine hohe Busse zu zahlen oder einen kleinen Beitrag in die Tasche des Beamten zu spenden, dann könnte er die Sache doch vergessen. Wir entscheiden uns aus Zeitgründen für die zweite Variante, nicht ohne einen Kommentar betreffend Korruption fallen zu lassen. Den Kommentar nimmt der jetzt freundliche Beamte mit einem charmanten Lächeln entgegen, entlässt uns freundlich winkend ins Verkehrsgewühl von Dakar.

Schliesslich verlassen wir am 3. Dezember Dakar in Richtung Norden. Unser erstes Camp errichten wir in der im Oktober bereits erprobten Zebrabar bei St. Louis. Hier geniessen wir nochmals die schöne Umgebung und die Ruhe auf dem Campingplatz. Von hier aus werden wir nach Mauretanien aufbrechen und Schwarzafrika wieder den Rücken kehren. Europa rückt näher!