Toubab

Einmal mehr: Albanien

Nachdem wir auf unserer Transafrika Albanien entdeckt haben, wird es Zeit, diesem schönen Land wieder einen Besuch abzustatten. Mit dem Lastwagen bleiben uns viele Stecken verborgen. Jetzt wollen wir mehr sehen. Wir besuchen vor allem die südliche Hälfte.

Die Anreise

Auf lange Autofahrten ist niemand scharf. Die Kinder jammern sowieso immer, wenn wir lange Autobahnfahrten haben. So entschliessen wir uns im Vorfeld, mit der Fähre von Ancona nach Durres zu reisen. Das Schiff bringt ein Hauch Abenteuer mit.

Wir besuchen im Tessin noch die Schwester von Regi und somit ist die erste Etappe eine kurze Etappe. Gian und Olivia verbringen ihre Zeit da beim Esel, der erst ein paar Wochen alt ist, so haben die Erwachsenen Zeit zum Plaudern.

Am nächsten Tag geht es weiter nach Italien, wo wir in der Nähe von Bologna in den Apennin stechen und auf einem netten Campingplatz übernachten.

Am Tag drei dann erfolgt das Einschiffen. Auch dieses Mal ist die Aufregung gross: Schon beim Abholen des Tickets tauchen wir ein ins umtriebige Albanien: überall treffen wir auf gutgelaunte Albaner auf dem Weg in die Heimat. Viele von ihnen haben eine schweizer Nummer am Auto. Wir habe auch ein Schweizer Nummernschild, aber unser Auto unterscheidet sich dennoch deutlich: Die Heimkehralbaner haben ihr Auto auf Hochglanz poliert, es steht Mercedes, BMW oder Porsche drauf und die Frisuren der Besitzer sind akkurat gestylt, da können wir nicht mithalten. Das Verladen funktioniert mit System: Der Ferrari darf als letzter auf das Schiff, steht aber schon die ganze Zeit neben der Rampe, so dass alle daran vorbeifahren und dann vom Deck zuschauen (und hören!) können, wie der Ferrari auf die Fähre fährt. Mit der üblichen Verspätung legt das Schiff ab.

Wir geniessen den Abend an Deck, auch wenn Olivia nicht ganz wohl ist: Das Schiff könnte ja sinken. Am Morgen werden die interessierten Fahrgäste auf die Brücke eingeladen. Wir sind natürlich interessiert! Der Kapitän begrüsst uns und erklärt uns die Instrumente. Das Entladen ist dann auch wieder eine Sache für sich. Eigentlich dürfen ja nur die Fahrer in den Laderaum. Eigentlich. Dass in Albanien hin und wieder Jugendliche am Steuer sitzen ist ja nichts Neues. Aber jetzt scheint es, als würden selbst Kinder fahren, immerhin behaupten alle, sie seien Fahrer… Sicher ist, der Ferrari braust als erster ab und ist schon am Zoll, als wir uns erst auf den Weg in den Schlund des Schiffes machen. Getrennt, Fahrer in die Garage, Mitfahrer zu Fuss aufs Dock.

Unverhofft kommt oft…

Die Einreise nach Albanien funktioniert einfach und ohne grosse Gespräche. Wir zeigen die grüne Versicherungskarte mit dem Eintrag «Albanien» und die Pässe. Dann geht es los. Durrës empfängt uns mit Gelassenheit. Die Stadt erinnert uns an Städte, wie wir sie in Afrika erlebt haben: heiss, umtriebig aber hie und da liegt Abfall herum. Es duftet nach gebratenem Lammfleisch, die Leute sind unterwegs an den Strand und wir suchen einen Bankomat. Wir haben erst am dritten Glück und zeihen Lek.

Wir haben einen Off-Road-Reiseführer vom Hobo-Team, der uns eine Strecke in der Nähe von Durrës vorschlägt, die zu einem einsamen Strand führen soll. Dank der guten Beschreibung finden wir sie und somit den Strand. Unverhofft!

Die Strecke ist auch ohne 4x4 zu befahren, so finden wir am Strand auch Tagesbesucher mit normalen PW's, allerdings muss man mit Aufsetzern rechnen, wenn die Bodenfreiheit nicht gross ist. Wir stören uns am Abfall, der allerdings nur gerade am Sandstreifen direkt am Wasser zu finden ist. Denkt man den Abfall weg, ist der Ort traumhaft. Das Wasser ist herrlich und 50 Meter weg vom Meer schlagen wir unser Lager auf. Da ist es sauber und wir geniessen unseren ersten Abend in Albanien mit einem herrlichen Sonnenuntergang. Olivia und Gian baden bis zum Nachtessen und dann gehts ab ins 1000-Sterne-Hotel direkt am Meer. Wir hören der Brandung zu und lassen uns in den Schlaf lullen.

Gut ausgeruht geniessen wir nach einem ausgedehnten Frühstück ein Bad im Meer. Dann geht es gemächlich weiter. Wir peilen einen ersten Camping Platz in Uta Vajgurore an. Wir werden herzlich empfangen und haben Glück, dass wir noch einen Schattenplatz erwischen. Es ist gut 40 Grad heiss.

In der Nähe gibt es ein Freibad, genau das Richtige bei diesen Temperaturen. Im Bad ist Party angesagt: Aus grossen Boxen knallen uns albanische Hits um die Ohren und die reiche Oberschicht vergnügt sich: Tatoos, schicke Sonnenbrillen und sehr knappe Bikinis. Der Eintritt ist vergleichsweise teuer, eine Pizza kostet gleich viel.

Am Abend essen wir auf dem Camping-Platz. Das Familienunternehmen ist sehr sympathisch. Die WC-Anlage glänzt, das haben wir so noch selten gesehen! Alles nett, aber jetzt suchen wir wieder die Wildnis…

Wir besuchen die Burgfestung von Berat. Eigentlich ist das ein Stadtteil, der immer noch bewohnt ist. Uns gefällt dieser Mix aus Freilichtmuseum und Wohnhäusern. Nach der Besichtigung beraten (lustiges Wortspiel in diesem Zusammenhang, nicht?) wir uns über den Fortgang der Reise. Wir sehen in der Karte eine 4x4-Strecke, welche südlich von Berat abzweigt, wir entscheiden uns aber, in Richtung Osum-Schlucht zu fahren.

Die Strecke nach Poliçan ist malerisch, wir genossen die Fahrt. In Poliçan angekommen, merken wir, dass es auf den Abend zu geht und wir schauen in der Karte nach einem Platz für die Nacht Ausschau. Irgendwo am Fluss wird es schon etwas geben. Wir fahren gemütlich weiter. Ein Motorrad kommt um die Kurve auf uns zu, langsam. Etwas passt aber nicht, das Motorrad fährt geradewegs auf uns zu. Wir bremsen, halten an, das Vorderrad des Motorrades springt, dann kippt das Gefährt, wir sehen nichts mehr, dann ein dumpfer Aufschlag. Es ist einen Moment still, dann schreit Olivia. Wir sitzen am Steuer und sind einen Moment wie erstarrt. Dann taucht ein Helm vor der Kühlerhabe auf, dann ein zweiter!

Die zwei Motorradfahrer sind ein Paar aus Frankreich, sie kommen ohne grosse Verletzungen davon, das Motorrad sieht übel aus, die Stossstange des Landys ist verbogen.

Ein LKW-Fahrer ruft die Polizei an. Zwei Polizisten treffen Minuten später ein - mit dem Linienbus! Es kommen im Verlauf der Zeit immer mehr Polizisten dazu: Ein Chef, ein Chef vom Chef und dann der Experte und schliesslich der Chef vom Bezirk. Irgendwann kommt noch der Rettungswagen. Zuerst schauen sich die Krankenschwester und der Fahrer das Motorrad an. Erst als wir sie eindringlich auf die Patientin aufmerksam machen, kümmern sie sich um sie. Dann folgt eine Verwirrung auf die andere, die Polizisten können nur Albanisch, der Franzose nur Französisch. Aber in Albanien geht es immer irgendwie weiter. Hilfreiche Menschen kommen dazu, einer kann Italienisch, Regi beginnt mit übersetzen, dann kommt jemand, der Englisch kann, dann noch Deutsch und schliesslich Französisch. Alle reden und wir mittendrin. Nach vier Stunden ist die Unfallstelle gesichert, der Unfall akribisch vermessen, die Französin im Spital und wir sind unsere Papiere los. Die können wir am nächsten Tag in Corovodë auf dem Polizeiposten holen. Wir haben mit der Versicherung alles geklärt, warum wir die Papiere nicht kriegen, verstehen wir trotz allen Übersetzern nicht.

Bei Dunkelheit nehmen wir die 30 Kilometer nach Corovodë in Angriff. Schliesslich sind wir pünktlich auf 10 Uhr bestellt. Bei einer alten Brücke übernachten wir am Osum. Wir sind geschaffen und das Geschehene ist noch nicht ganz verarbeitet. Wir essen noch ein Stück Brot und wir Eltern brauchen noch ein kühles Bier. Dann geht es ins Bett.

 

Auf der Polizei in Albanien

Punkt 10 Uhr steht unsere Familie in Corovodë vor dem Polizeiposten. Die Franzosen rufen von der Terrasse eines Cafés. Ein Übersetzer ist auch schon da, wir müssen warten, die Polizei ist noch nicht so weit. Die beiden Franzosen können kaum noch gehen, der Verlust des Motorrades ist vor allem für Marc gross. Über 250'000km hat er damit in den vergangenen Jahren in Europa damit gemacht, viele Erlebnisse gehabt und jetzt das!

Irgendwann geht es dann doch los. Man ist sehr freundlich mit uns. Alles müssen wir nochmals zu Protokoll geben, alles wird aufgeschrieben, von Hand! Der Computer steht auf dem Regal, wahrscheinlich wurde der von Tirana verordnet und kein Mensch weiss ihn zu gebrauchen. Der Polizist mit der schönsten Handschrift schreibt. Langsam. Buchstabe für Buchstabe. Dann die Zeichnung.

Zwischendurch heitert uns der Chef auf. Er zeigt uns Bilder auf seinem Mobiltelefon. Er mit der Familie in der Osum-Schlucht. Er alleine in der Osum-Schlucht und - der Knaller! - er und die Miss Universen in der Osum-Schlucht!

Dann eriklärt man uns die Rechte, sagt wer unschuldig ist (wir) und wer schuldig ist (der Franzose). Der Franzose muss die Gebühren zahlen. Umgerechnet knapp 10 Euro. Er ist erleichtert, dass das nicht teurer ist und zahlt sofort. Etwas später kommt der Polizist mit der Quittung zurück und gibt ihm einen Teil des Geldes zurück: Wenn man sofort zahle, koste das weniger.

Am Schluss erhalten wir eine dicke Mappe mit allen Protokollen (in albanischer Sprache) und Zeichnungen. Fotos inklusive. Daher die Wartezeit! Die Beamten haben alles gegeben! So einen internationalen Zwischenfall hätten sie noch nie erlebt, vielleicht mit Ausnahme des Besuches der Miss Universen! Nach einem Gruppenbild werden wir knapp drei Stunden später entlassen.

Wir verabschieden uns von den Franzosen, tauschen E-Mail aus und wünschen uns gute Weiterreise; für die Franzosen geht es nach Hause, wir habe mehr Glück und zeihen los in die Osum-Schlucht - mit fast einem Tag Verspätung und vielen Erlebnissen reicher!

Eine gute Strasse wird zur Off-Road-Piste

Wir folgen der guten Teerstrasse SH72 nach Süden. Wir bestaunen den Canyon und nach kurzer Fahrt schon geniessen wir ein Bad im Fluss. Natürlich halten wir nicht dort, wo die anderen Autos am Strassenrand stehen. Sämi muss die steile Piste in den Fluss nehmen und den Fluss überqueren. Erst da kann man den Landy standesgemäss hinstellen.

Es ist heiss und die Kinder legen die Badehose an. Sämi will das Sonnensegeln aufbauen. Natürlich alleine, es ist ja windstill. Allerdings nur, bis das Segel offen ist. Dann kommt eine Windbö und legt die Markise über das Dach des Landys. Zwei Streben sind gebrochen und das Fluchen ist unüberhörbar im ganzen Tal…

Das Segel wird also wieder eingepackt, eine Eiche gefällt und zwei Streben geschnitzt. Nach einem Imbiss ist der Ärger vergessen und alle geniessen das Baden.

Weiter geht es dem Fluss entlang. Eine Brücke, eine Baustelle und schon ist die Strasse ein Acker! Für uns ist das ja ok, das heisst, genau solche Pisten suchen wir ja. Ab dann gibt es kaum mehr Verkehr. Wir geniessen die wunderschöne wilde Landschaft. Gegen Abend verlassen wir den Track und folgen dem Flussbett eines Nebenflusses und finden einen weiteren herrlichen Platz für die Übernachtung. Schwemmholz liegt in Mengen herum, das Feuer prasselt, das Bier ist kühl, die Kinder Baden. Dann ein gutes Nachtessen aus der eigenen Küche. Zum Schluss duschen noch alle mit Wasser aus dem warmen Duschsack und dann geniessen wir den sternenklaren Nachthimmel. Wir schlafen hervorragend!

Am nächsten Tag schraubt sich die Strasse den Berg hinauf. Mit der Untersetzung drin geht es flott voran. Immer wieder überlegen wir uns, was wohl passieren würde, wenn sich da jemand mit einem normalen PW hierhin verirren würde. Wenden ist oft nicht möglich. In Sevran e vogel gibt es ein Café und Camping der spezielle Art: eine Terrasse mit Aussicht, kühlen Getränken und feinem Essen. Ein Ort, den man so nicht erwarten würde.

Schliesslich treten wir Abfahrt an. Stellenweise geht es sehr steil talwärts. Schliesslich sind wir dann doch dankbar, nach langer Fahrt auf Staub, Schotter und Geröll wieder Asphalt unter den Rädern zu haben. Wir fahren nach Permët und füllen unsere Vorräte auf. Der Supermarkt ist klein, hat aber fast alles (das mit dem Fleisch ist ein leidiges Kapitel).

Ein Fluss, eine Kiesbank und die Berge

Wir folgen dem Viosë auf der SH 75 über Permet in Richtung Griechenland. In Gjinkar Petran zweigen wir ab nach Norden, da wir die berühmte Brücke Utra e Katiut sehen wollen. Da gibt es Thermalquellen und vielleicht können wir da ja auch baden und übernachten. Wir folgen dem Flusslauf, die Landschaft ist wunderschön. Unverhofft stehen wir vor einer Schranke. Ein Mann kommt und macht uns auf ein Schild aufmerksam. Da sind Preise aufgezeichnet. Je grösser ein Fahrzeug, desto höher der Preis. Wir strecken ihm das Geld hin, welches für ein Auto fällig ist. Er schüttelt eifrig den Kopf und zeigt auf einen viel höheren Preis, den für einen Reisebus. Oh! So viel wollen wir dann doch nicht zahlen und erklären ihm höflich aber bestimmt, dass unser Landy ein Auto und kein Bus ist. Er lässt sich aber nicht von seinem Vorhaben abbringen und wir wähnen uns in Afrika…

Wir entscheiden uns, zu wenden und die Brücke wegzulassen. Schade zwar, aber wir werden auch einen anderen Platz zum Baden finden. Zurück beim Viosë sehen wir ein Geländefahrzeug auf der Kiesbank stehen, so muss es auch eine Abfahrt geben. Wir finden den Weg und fahren eine sehr steile Piste zum Fluss hinunter. Die beiden Holländer begrüssen uns herzliche. Ein Schatz unter Reisenden, Erfahrungen austauschen und dann ab ins Wasser. Der Flusslauf aus dem Norden führt warmes Thermalwasser, der Viosë führt kühles Wasser. Wir baden da, wo sich das Wasser mischt. Die Kinder sind total begeistert und wollen bleiben. So gerade unter der Brücke ist nicht gerade der ruhigste Platz und die Holländer sind sicher auch dankbar, wenn sie die Kiesbank für sich alleine haben. Wir lassen den Ärger der Kinder über uns ergehen und versuchen sie für unsere Idee zu gewinnen, noch ein paar Kilometer zu fahren. Das gelingt uns schliesslich. Der Weg zurück auf die Strasse fordert dem Landy einiges ab: Die Räder drehen durch, das ETC arbeitet und die Passagiere halten den Atem an. Doch unser Landy ist super und wir kommen wieder hoch. Ohne Untersetzung wäre da wohl Endstation…

Wir fahren nicht sehr lange und wir entdecken eine kleine Abfahrt, die durch die Felder zum Fluss führt. Wir finden das Paradies! Die Kinder sind sofort hin und weg. Super Bademöglichkeit, eine Quelle, Felsen, eine grosse Kiesbank. Wir stellen den Landy ab und erkundschaften unser «Camping». Die Kinder ziehen die Badehose an, die Eltern machen ein Bier auf, alle sind zufrieden. Feuerholz hat es in grossen Mengen. Wir kochen ein feines Nachtessen, sitzen am Feuer und geniessen die Ruhe!

Im Reiseführer lesen wir von einem Campingplatz zwischen Leskovik und Korça, in den Bergen ganz im Südosten von Albanien. Auf diesem Platz soll es Pferde geben und Olivia reitet gerne. So fahren wir am nächsten Tag in Richtung Grenze zu Griechenland und biegen ostwärts in die Berge ab. Die Strecke auf der SH 75 ist ein Genuss, erinnert uns immer wieder an Wildwest-Filme und wir wären nicht überrascht gewesen, wenn Winnetou zwischen den Bäumen auftauchen würde…

Der Camping, Farma Sotira, ist dann nicht so eine Wucht. Schön gelegen, freundlich und auf die Touristen, vor allem albanische, ausgerichtet. Der Swimmingpool bräuchte dringend eine Renovation! Das mit dem Reiten wird dann nichts, obwohl wir uns immer wieder erkundigen, ist niemand so recht zuständig und es scheint uns, als wären sie gar nicht so daran interessiert. Wir richten uns ein, schauen uns die Forellenzucht an und freuen uns schliesslich auf das Nachtessen im Restaurant. Am Abend ist es empfindlich kühl, wir sind auf über Tausend Meter über Meer. Das Essen ist fein, der Fisch wird aus dem Wasser geholt und frisch zubereitet. Die Kinder sind fasziniert. Wir frösteln immer wieder und entschliessen uns, wieder an die Wärme zu ziehen. Die Kinder wollen noch einmal an unsere Kiesbank zurück, was wir am nächsten Tag machen. Wir wählen die neue Strasse, die SH 65, welche von Leskovik der Grenze folgt. Die Strasse ist in top Zustand, aber bei weitem nicht so spektakulär wie die SH 75.

Zurück auf unserer Kiesbank liebäugeln wir mit den Bergen in südwestlicher Richtung. Es müsste doch möglich sein, da hinauf zu kommen. Auf der Karte sehen wir eine kleine Strasse, die etwas südwestlich von Këlcyra über den Fluss geht und dann in die Berge führt. TomTom behauptet sogar, es gebe eine Verbindung ins Paralleltal, welche schliesslich zurück auf die SH75 führt. Der Entschluss ist gefasst und wir fahren Tags darauf los. Die Brücke finden wir und die Piste führt steil den Berg hinauf an Siedlungen vorbei, die noch ganz traditionell gebaut sind. Wir sehen kaum Menschen. Wir fahren in der Untersetzung, manchmal drehen die Räder durch. Schliesslich gelangen wir auf den Bergrücken, den wir vom Tal aus gesehen haben. Die Ruhe hier oben ist herrlich. Wir sehen ein paar Schafherden und manchmal werden wir von zähnefletschenden Herdenhunden vertrieben. Die Verbindungsstrasse, welche unser TomTom angibt, ist dann aber nur im TomTom drin. In der Realität endet der Pfad in der dürren Steppe. Kein Problem, wir campen auf dem Berg, geniessen die schöne Aussicht ins Tal und sind erstaunt, wie wenig Lichter in der Nacht zu sehen sind. Das sind wir uns aus unseren Bergen anders gewohnt! Schade, dass wir den gleichen Weg wieder zurück müssen!

Auf dem Weg zum Meer fahren wir über Gjirokastra und besuchen eines der grossen Highlights Albaniens. Seit 2005 zählt Gjirokastra zum UNESCO-Welterbe. Die Stadt ist Geburtsort vom ehemaligen Diktator Enver Hoxha. Wir sind aber nicht wegen ihm da, sondern wegen der Altstadt und der imposanten Burganlage auf dem Burgfelsen. Der Campingplatz macht uns dann aber nicht so an und wir beschliessen, nach Saranda ans Meer zu fahren.

Entlang der Küste

Nach Gjirokastra wollen unser Kinder ans Meer. Nach dem Offroaden und den Besichtigungen ist Sand, Meer und Schnorcheln gefragt. Wir steuern Sarande an, im Wissen darum, dass hier die Riviera von Albanien ist. Sarande ist ein umtriebiges Städtchen, nicht sehr schmuck, aber die Leute machen hier Ferien und geniessen Strand und Unterhaltung. Wir fahren durch und hoffen auf einen Platz auf einem der Campingplätze am Meer. Zu viele Menschen halten sich hier auf, da wird wohl kein einsames Plätzchen am Meer zu finden sein.

Wir steuern verschiedene Plätze an. Zwei finden wir in einem Hinterhof, nett, aber keine Sicht aufs Meer. Schliesslich «stranden» wir auf dem Sunset Camping. Der wirkt sehr improvisiert, für uns passt das. Aus dem Schlafdach sehen wir das Meer, der Strand ist überlaufen, das Restaurant direkt am Meer bietet einen wunderbaren Aperitif und schliesslich ein feines Nachtessen.

Alles in allem ok, aber wir wollen mehr! So fahren wir nordwärts. Die Strasse windet sich durch Olivenhaine und bietet traumhafte Ausblicke auf das Meer.

Wir haben schon zu Hause von Gjipe Beach gehört. Auf Google Earth sieht der Strand super aus und die Strasse dahin soll für unser Landy gemacht sein. Also nichts wie los!

Wir finden den Einstieg problemlos. Auf dem Parkplatz oberhalb stehen viele Autos. Strandbesucher machen sich zu Fuss auf den beschwerlichen Weg zum Strand. Wir fahren. Es geht über Stock und Stein nach unten. Wir lassen den Landy im 1. Gang der Untersetzung nach unten kriechen. Wir sind sicher, dass sich das nicht viele antun, weiter haben wir kaum Geländewagen in Albanien gesehen. Angekommen werden wir eines anderen belehrt: Eine Gruppe polnischer Off-Raoder haben ihr Camp eingerichtet. Die Gruppen sind uns grundsätzlich nicht geheuer. Wir kurven ein bisschen herum und treffen auf ein deutsches Paar mit einem Toyota Landcruiser. Sie erzählen uns, dass sie vor Jahren hier noch alleine waren und jetzt auch diesen Ort dem Massentourismus übergeben mussten. Wir sind schon etwas enttäuscht! Am Strand vorne sind ganz viele junge Leute, laute Musik, Bier in Mengen und einige von ihnen haben sich improvisiert entlang den Felsen für ein paar Tage eingenistet. Der Ort an sich wäre schön, vielleicht ist man im September alleine hier…

Der Strand ist wunderschön, türkisfarbiges Wasser. Wir schnorcheln eine Weile und beobachten all die obercoolen jungen Abenteurer, die oft mit dem Boot an diese Strand fahren lassen. Der sogenannte Ecocamping zieht viele Möchtegerne-Weltverbesserer an, die ohne ihr Mobiltelefon nicht auskommen können und so gibt es Solarladestationen und kühles Bier.

Uns zieht es weiter. Wir nehmen den Rückweg in Angriff. Kaum sind wir losgefahren, kommt uns ein tschechischer Toyota entgegen. Kreuzen ist auf diesem engen Pfad eigentlich nicht vorgesehen. Alles zurück? Er nach oben? Wir fahren etwas rückwärts und finden eine Stelle, an welcher es eigentlich gehen müsste. Wir fahren ganz an den Rand des Weges und etwas darüber hinaus. Plötzlich beginnt der Landy zu rutschen, es geht steil die Böschung hinunter ins Meer. Also sofort den Rückwärtsgang hinein und zurück auf sicheres Terrain. Hinter uns stellt sich eine Französin in den Schatten und bemerkt die gefährliche Situation nicht. Sie wird wütende, weil wir ihr fast über die Füsse gefahren wären. Sie wettert dann noch über die Autos und uns Umweltsünder und wirft dann ihre Zigarette in die Büsche… Also noch weiter zurück, dann klappt es mit dem Kreuzen, wir diesmal auf der Bergseite, der Toyota hart am Abgrund. Weiter oben kommt uns ein klappriger Nissan entgegen mit einem Berg von Strandliegen auf der Pritsche. Er kennt sich aus, fährt zügig und sicher rückwärts und lässt uns kreuzen. Schliesslich sind wir dankbar, wieder oben zu sein. Die Strecke an sich wäre nicht unmöglich, aber mit dem vielen Verkehr ist sie doch schwierig.

Wir steuern Livadhi Beach an und finden einen netten Camping (Moskato Camping). Unter Olivenbäumen quartieren wir uns ein und beschliessen, ein paar Tage zu bleiben. Noch nie haben wir auf einem Campingplatz so saubere WC-Anlagen gesehen. Die Frauen putzen von früh bis spät, sogar wenn niemand die Anlage benutzt hat. Zu Fuss laufen Regi und ich am Morgen dem Wanderweg entlang nach Himarë, um Geld zu holen. Wir beschliessen, am nächsten Tag in die andere Richtung zu laufen und nach einem Platz für eine Nacht zu suchen. Wir werden tatsächlich fündig. Eine Piste führt ans Meer. Da verbringen wir ganz alleine eine wunderschöne Nacht direkt am Meer. Kaum zu glauben, dass es so etwas noch gibt!

In den Süden, nach Griechenland und über Italien nach Hause

Nach schönen Tagen am Meer wollen wir, bevor wir nach Griechenland reisen, noch Butrint in der Nähe von Sarande anschauen. Die Halbinsel drängt sich als Militäranlage nur so auf. So erstaunt es nicht, dass gemäss Funden aus dem 10. Jh. v. Chr. die Halbinsel besiedelt war.

Der Parkplatz befindet sich unmittelbar an der Fährstation. Wir werden vom Parkwächter freundlich begrüsst und uns wird ein Parkplatz zugeteilt. Warum der fast zahnlose Mann uns genau diesen Parkplatz zuteilt, ist uns nicht klar. Das ist aber nicht so wichtig, er ist hier der Chef!

Die Anlage ist überwältigend! Der Rundgang führt durch fast 3000 Jahre Geschichte und zeigt eindrücklich, wie sich das Leben in dieser Zeit veränderte. Die Kinder sind nicht immer gleich motiviert, es gibt aber immer wieder Möglichkeiten zum Klettern, die Bäume spenden Schatten und am Schluss winkt ein Eis!

Am späten Nachmittag nehmen wir dann die Fähre. Der Betreiber ist ein Muskelprotz, oben ohne, dafür mit Hut. Ein weiteres Erlebnis! Schliesslich geniessen wir die letzten Kilometer in Albanien. Kurz vor der Grenze tauschen wir die albanische Währung in Diesel. Die Grenze ist schnell gemacht und wir verlassen Albanien.

Griechenland ist anders! Wow, wir sind überrascht, wie schnell wir uns an das einfache Leben in Albanien gewöhnt haben und wie markant der Unterschied zu Griechenland ist. Wir fahren nach Igounmenitsa und suchen in der Nähe nach einem Camping Platz. Hier frei zu stehen ist wohl nicht möglich, da ist alles zu organisiert. Auf dem ersten Platz zeigt man uns den besten Stellplatz direkt am Meer. Die Frau kann nicht verstehen, dass wir den Platz nicht wollen: Da steht Camper an Camper und wir sind ja keine Sardinen. Wir wählen eine Platz ganz oben und ernten ein Kopfschütteln. Da sind wir wenigstens alleine. Im Restaurant des Campings trinken wir erst mal ein Bier. Wir sind wieder zurück in der Zivilisation, leider. Trotzdem essen wir da und sind dann auch nicht überrascht, dass wir wieder viel zahlen und lausige Qualität kriegen. Für eine Nacht geht das. Am Morgen noch ein Bad im Meer und dann suchen wir uns einen neuen Platz.

Wir folgen der Küste nach Süden und werden dann doch noch fündig. Der Platz wirkt sehr einfach, vielleicht etwas chaotisch. So sind dann auch die Gäste, das ist uns sympathisch. Wir genossen nochmals drei Tage am Meer, bevor dann die Rückreise ansteht.

Wir nehmen die Fähre von Igoumentisa nach Ancona, fahren durch die Meerenge zwischen Korfu und Albanien und verabschieden uns von einer Gegend, die uns sehr ans Herz gewachsen ist.

Angekommen in Ancona checken wir das Wetter in der Schweiz. Eigentlich wollen wir noch zwei oder drei Tage im Bergell Halt machen. Die Wetterprognose ist aber wenig erfreulich: Kalt und nass. So wollen wir die Ferien nicht abschliessen. Wir beraten uns kurz und beschliessen, einen Abstecher nach Florenz zu machen. Da haben wir nochmals schönes und warmes Wetter. In der Nähe von Florenz lassen wir uns auf einem Campingplatz nieder und fahren mit dem Zug nach Florenz. Wir besichtigen die Stadt und sind froh, am Abend wieder in den Zug zu steigen. So viele Touristen auf einem Haufen!

Bei Regen reisen wir zurück in die Schweiz.